Ratgeber Drehmomentschlüssel - Richtige Handhabung und Tipps zum Umgang
Inhaltsverzeichnis
Warum braucht man Drehmomentschlüssel?
Ein Drehmomentschlüssel ist ein Präzisionswerkzeug, das im Kfz-Bereich unersetzlich ist. Natürlich werden die meisten Autofahrer den Drehmomentschlüssel primär mit dem Wechsel der Räder in Verbindung bringen, denn das Anzugsmoment der Radmuttern oder Radschrauben muss in jedem Fall stimmen, um potenziell katastrophale Folgen zu vermeiden. Doch auch neben dem Radwechsel leisten Drehmomentschlüssel bei Arbeiten am Auto wertvolle Dienste. Der anhaltende Trend zur Leichtbauweise und der Einsatz von Werkstoffen mit geringer Zugfestigkeit (z.B. Magnesium oder Aluminium) stellen dabei hohe Anforderungen an seine Genauigkeit. Die Schraubverbindungen dürfen sich auch bei Maximalbelastung nicht lösen und gleichzeitig müssen Schäden am Material verhindert werden. Dies ist nur möglich, wenn die vom Hersteller jeweils vorgegebenen Anzugsmomente exakt eingehalten werden.
Typen von Drehmomentschlüsseln
Drehmomentschlüssel gibt es in verschiedenen Ausführungen, die sich im Aufbau deutlich voneinander unterscheiden und dadurch eine unterschiedliche Handhabung voraussetzen.
Anzeigende Drehmomentschlüssel bzw. Messschlüssel
Über eine mechanische Skala, Messuhr oder elektronische Anzeige, wird bei dieser Form des Drehmomentschlüssels jeweils das aktuell gewirkte Drehmoment angezeigt. Als einfachste Bauform mit mechanischer Skala besteht der Messschlüssel aus einem Hebelarm, der sich unter Belastung in Bezug auf einen parallel verlaufenden Messstab verbiegt. Der Stab ist am Kopfende fixiert und bleibt stets gerade. Seine Abweichung in Bezug auf den sich verbiegenden Hebelarm kann auf der genormten Skala abgelesen werden. Sobald das gewünschte Drehmoment erreicht ist, muss die Krafteinwirkung durch den Anwender beendet werden. Anzeigende Drehmomentschlüssel sind günstig und einfach in der Anwendung, allerdings weniger genau und die Anzeige muss stets im Auge behalten werden.
Auslösende Drehmomentschlüssel bzw. Knackschlüssel
Knackschlüssel tragen ihren Namen durch das markante Geräusch, das bei Erreichen des eingestellten Drehmomentes zu hören ist. Diese Art des Drehmomentschlüssels ist weit verbreitet und kommt sowohl im Hobby-Bereich als auch bei professionellen Werkstätten zum Einsatz. Zunächst wird ein Sollwert für das Anzugsmoment am Drehmomentschlüssel eingestellt und dann nach Auslösen die Krafteinwirkung gestoppt. Ein Weiterdrehen und mehrmaliges Knacken muss vermieden werden, um die Verschraubung und den Drehmomentschlüssel nicht zu beschädigen. Auslösende Drehmomentschlüssel sind in der Regel präziser und noch einfacher in der Handhabung als Messschlüssel, allerdings auch teurer.
Abknickende Drehmomentschlüssel bzw. Knickschlüssel
Der abknickende Drehmomentschlüssel weist die Besonderheit auf, dass er am Drehpunkt abknickt und die Krafteinwirkung sofort unterbrochen wird, sobald das eingestellte Drehmoment erreicht ist. Er wird daher auch als Knickschlüssel bezeichnet. Gegenüber einem Knackschlüssel bietet er den Vorteil, dass durch die mechanische Unterbrechung auch nach dem Auslösen keine Hebelwirkung mehr erzielt wird, sodass der abknickende Drehmomentschlüssel sehr präzise arbeitet. Er wird vor allem von ambitionierten Hobby-Schraubern und Profis verwendet.
Durchrutschende Drehmomentschlüssel bzw. Slipper
Die Slipper genannten durchrutschenden Drehmomentschlüssel sind die komfortabelste manuelle Möglichkeit, das richtige Drehmoment zum Anziehen von Schrauben zu verwenden. Sie arbeiten nach dem Prinzip des Schlupfes und unterbrechen ähnlich wie ein Knickschlüssel die Kraftübertragung, sobald das gewählte Drehmoment erreicht wird. Ein Überziehen der Schraubverbindung ist damit ausgeschlossen. Durchrutschende Drehmomentschlüssel sind vergleichsweise teuer, ermöglichen aber auch im schnellen Werkstatteinsatz gleichbleibende Genauigkeit. Slipper werden in der Regel von professionellen Handwerkern und Mechanikern verwendet.
Elektronische Drehmomentschlüssel
Wird die Krafteinwirkung über eine elektronische Steuerung gemessen und akustisch oder optisch angezeigt, spricht man von einem elektronischen Drehmomentschlüssel. Die Krafteinwirkung muss in der Regel durch den Anwender beendet werden, aber die Schlüssel arbeiten sehr präzise. Sie sind auch komfortable in der Anwendung und erlauben häufig auch die elektronische Auswertung der Schraubvorgänge, die ausgelesen und ausgewertet werden können. Sie sind teuer und kommen nur für hochpräzise Verschraubungen im professionellen Bereich zum Einsatz. Elektronische Drehmomentwinkelschlüssel messen zusätzlich neben dem Anzugsmoment mittels Winkelsensor oder Gyroskop den Drehwinkel. Sie werden genau wie mechatronische Drehmomentschlüssel in der Regel nur von Spezialisten bei Hochpräzisionsverschraubungen eingesetzt. Insbesondere in der industriellen Serienproduktion, bei der Nachvollziehbarkeit und Dokumentation eine wichtige Rolle spielen, wird mit diesen Spezialwerkzeugen gearbeitet.
Merkmale eines guten Drehmomentschlüssels
Bei der Wahl eines Drehmomentschlüssels sollten Sie sich zunächst über den Typ Gedanken machen. In der Regel empfehlen sich für alle Privatanwender Mess- oder Knackschlüssel. Sie bieten bei richtiger Anwendung eine hohe Genauigkeit und können vergleichsweise günstig erworben werden. Drehmomentschlüssel unterscheiden sich aber auch in ihrer Größe, die aufgrund des möglichen Hebels auch den Drehmomentbereich bestimmt. Wählen Sie den Schlüssel so, dass er den benötigten Drehmomentbereich abdeckt. Auch die Präzision ist ein Wert, der die Qualität eines Drehmomentschlüssels entscheidend beeinflusst. Je geringer die Abweichungen beim wiederholten Schrauben vom Sollwert ausfallen, desto besser ist das Werkzeug. Auch auf eine Umschaltfunktion zwischen Links- Und Rechtsbetrieb sollten Sie achten und natürlich auch, ob der Schlüssel eine leicht einstellbare und sichere Grob- und Feinjustierung zulässt. Komfortfunktionen wie drückbare Kopfenden zum leichten Wechsel der Schraubnüsse oder etwaige Adapter und Werkzeugkoffer sind ebenfalls positiv zu bewerten.
Richtiger Umgang mit einem auslösenden Knackschlüssel
Im Umgang mit den weit verbreiteten, auslösenden Drehmomentschlüsseln sollten einige Dinge beachtet werden. Zunächst wird das Drehmoment eingestellt - stets vom niedrigen Wert zum hohen Wert. Achten Sie darauf, dass die Arretierung sitzt und sich der Schlüssel nicht verstellen kann. Greifen Sie dann mit einer Hand in die Mitte des Griffes und stabilisieren Sie die Drehachse mit der anderen Hand. Ziehen oder Drücken Sie nun langsam, bis es knackt. Hören Sie im Anschluss sofort auf, weiter Kraft auf den Hebelarm auszuüben. Durch mehrfaches Knacken kann der Drehmomentschlüssel Schaden nehmen und auch das wirkende Drehmoment liegt dann häufig zu hoch. Schnelle, ruckartige Bewegungen des Knackschlüssels führen in der Regel ebenfalls dazu, dass der Sollwert überschritten wird. Ist die Schraube angezogen, wird der Drehmomentschlüssel wieder entspannt und auf seinen Ausgangswert zurück gestellt. Dadurch bleibt er lange genau. Wer Drehmomentschlüssel professionell und häufig einsetzt, sollte diese auch ab und zu kalibrieren lassen. Markenhersteller wie z.B. Hazet bieten einen entsprechenden Service. Drehmomentschlüssel von Proxxon sind in der Regel günstiger und richten sich vor allem an Hobby-Schrauber.
Folgen falscher Handhabung
Ein schlechter Drehmomentschlüssel oder der falsche Umgang mit einem guten Drehmomentschlüssel können böse Konsequenzen nach sich ziehen. Zu hohe Drehmomente überlasten das Material, sodass Schrauben entweder sofort reißen oder durch Materialermüdung schneller verschleißen. Häufig werden die Gewinde beschädigt und im schlimmsten Fall gibt die Verschraubung während der Fahrt nach. Doch auch wenn die Schraube hält, kann ein zu hohes Drehmoment dafür sorgen, dass man Sie nicht mehr abbekommt. Aufwand und entstehende Kosten steigen in solchen Fällen meist rapide an. Auch zu wenig Drehmoment ist eine ernstzunehmende Gefahrenquelle. Lösen sich z.B. die Radschrauben, weil sie nicht richtig festgezogen wurden, kann der Leichtsinn schnell lebensbedrohlich werden.