Achsvermessung - Fahrwerksgeometrie einstellen
Die Achsvermessung stellt sicher, dass das Fahrwerk eines Autos optimal eingestellt ist und vermeidet unnötigen Reifenverschleiß. (Bild: Mike Peel @wikipedia.org (CC-BY-SA-4.0))
Inhaltsverzeichnis
Was passiert bei der Achsvermessung?
Bei der Achsvermessung werden die Radeinstellgrößen eines Autos erfasst und ausgewertet. Sie wird auch als Fahrwerksvermessung oder Spureinstellung bezeichnet. Allerdings wird nicht nur die Spur sondern die gesamte Fahrwerksgeometrie geprüft. Notwendige Anpassungen zum Sollwert können meist über entsprechende Einstellschrauben erledigt werden. Hat sich jedoch das Fahrwerk z.B. in Folge eines Unfalls verzogen, müssen u.U. auch Teile gewechselt werden. Eine kompetente Fachwerkstatt kann beraten, durch welchen Austausch sich etwaige Probleme lösen lassen. Die Achsvermessung umfasst dabei in aller Regel das Messen der Spur, des Sturzes, des Nachlaufs, der Spreizung, des Spurdifferenzwinkels, des Einschlagwinkels, des Radversatzes, des Achsversatzes sowie der Spurweiten- und Radstandsdifferenzen. Wir werden die Begriffe erklären, die Auswirkungen erörtern und die gängigen Verfahren der Achsvermessung veranschaulichen.
Wie wirken sich die Fahrwerkseinstellungen aus?
Spur
Die Spur wird sowohl an der Vorderachse als auch an der Hinterachse bei einer Achsvermessung geprüft. Sie ist definiert als die Längendifferenz zwischen dem vorderen und hinteren Teil der Räder einer Achse. Anders ausgedrückt wird durch die Spur bestimmt, ob die Räder aufeinander zu (Vorspur), parallel zueinander (Spur Null) oder voneinander weg (Nachspur) laufen. Die Spur kann sowohl in Millimetern als auch in Grad angegeben werden, wobei die Entfernung jeweils in der Radmitte zwischen den Felgenhörnern ermittelt wird. Der Winkel hingegen bezieht sich auf die Abweichung zur Längsachse des Fahrzeuges. Eine falsch eingestellte Spur führt zu erhöhtem Reifenverschleiß auf der Innen- oder Außenseite des Reifens. Auch die Profilblöcke können ungleichmäßig verschleißen. Die Sägezahnbildung erhöht das Abrollgeräusch und kann zu Flattern im Lenkrad führen, obwohl die Reifen ausgewuchtet sind.
Sturz
Der Sturz wird ebenfalls an der Vorder- und Hinterachse gemessen und gibt die Neigung der Radebene zur Senkrechten an. Vor allem bei Kurvenfahrten bestimmt der Sturz, wie schnell das Auto fahren kann, ohne dass der Grip verloren geht. Er wird in aller Regel negativ gewählt, sodass sich beim Einlenken die Aufstandsfläche des belasteten, kurvenäußeren Rades erhöht. Durch einen negativen Sturz verbessert sich die Seitenführung, doch auf der Geraden neigt das entsprechende Rad dazu, wie ein rollender Kegel nach innen einzuschlagen. Diese Tendenz wird durch entsprechende Lenker zwar ausgeglichen, aber der innere Reifenverschleiß erhöht sich. Durch die Achsvermessung kann sichergestellt werden, dass der Winkel nicht zu groß gewählt wird. Er sollte in der Regel zwei Grad nicht übersteigen.
Spreizung
Die Lenkachse verläuft durch den oberen und unteren Drehmittelpunkt der Radaufhängung, sprich bei einem McPherson-Federbein zwischen Domlager und Traggelenk. Sie liegt meist nicht senkrecht und die Abweichung zu einer 90° quer zur Längsachse errichteten Senkrechten wird als Spreizung bezeichnet. Verlängert man diese Lenk- oder Spreizachse gedanklich bis zur Fahrbahn, kann sie sich in Bezug auf die Mitte der Radaufstandsfläche innen oder außen befinden. Man spricht vom Lenkrollradius. Liegt der Lenkrollradius innen, wird er als positiv bezeichnet und führt dazu, dass bei unterschiedlich wirkenden Bremskräften der Fahrer gegenlenken muss, weil das Rad mit der höheren Haftung nach außen geschwenkt wird. Der Lenkrollradius wird in der Regel klein gehalten, damit die Lenkung nicht durch dynamische Kräfte beeinflusst wird.
Nachlauf
Betrachtet man den Winkel der Lenkachse entlang der Längsachse im Vergleich zu einer Senkrechten spricht man nicht mehr von Spreizung sondern dem Nachlauf. Ein positiver Nachlauf(winkel) führt dazu, dass die Räder gezogen werden, wodurch beim Lenken ein Drehmoment erzeugt wird. Dieses Drehmoment sorgt für die Rückstellung der Räder. Ein großer Nachlauf verbessert den Geradeauslauf des Autos, führt aber auch zu hohen Lenkkräften. Ein negativer Nachlaufwinkel wird übrigens auch als Vorlauf bezeichnet und unterschiedliche Nachläufe auf den Seiten einer Achse führen zum Schiefziehen des Autos.
Spurdifferenzwinkel
Der Spurdifferenzwinkel gibt an, um wieviel Grad das kurveninnere Rad stärker eingeschlagen ist als das kurvenäußere. Dies wird bei der Achsvermessung meist bei einem Einschlagwinkel von 20° und natürlich nur an der Vorderachse ermittelt. Ein falscher Spurdifferenzwinkel ist ein Anzeichen für verbogene Spurstangen oder Spurstangenköpfe und führt zu erhöhtem Reifenverschleiß bei Kurvenfahrt.
Rad- und Achsversatz
Das Fahrwerk kann sich auch verziehen, sodass die Räder nicht mehr fluchten. Das heißt nichts anderes, als dass sich entlang der Symmetrieachse Verschiebungen ergeben. Beim Radversatz stehen dann die Räder der linken Seite näher zusammen als auf der rechten Seite oder umgekehrt. In der Regel sind entsprechende Veränderungen mit dem bloßen Auge nicht erkennbar und nur durch eine Achsvermessung aufspürbar.
Wie funktioniert die Achsvermessung?
Eine korrekte Achsvermessung kann nur in einer Werkstatt erfolgen, denn neben dem Achsmesscomputer mit der entsprechenden Vermessungssoftware werden Spanneinheiten mit Messwertaufnehmer für die Räder benötigt. Das Auto steht in der Regel auf einer entsprechenden Achsmesseinrichtung, die in der Diagonalen einen Höhenunterschied von maximal 1-2 mm aufweist und mit Dreh- und Schiebeuntersätzen für die Räder ausgestattet ist. Die Bremse und das Lenkrad werden arretiert und eine Lenkradwaage hilft beim Einstellen der Lenkradposition. Die Messwertaufnehmer ermitteln anhand von 90°-Winkeln die Winkelabweichungen, die dann digital an den Computer übertragen werden. Bei der modernen 3D-Achsvermessung werden statt der Messwertaufnehmer Reflektoren angebracht und die Winkel optisch durch eine hochauflösende Kamera bestimmt. Das Verfahren ist deutlich schneller als die 2D-Achsvermessung.
Die Achsvermessung erfolgt mittels Computer, der die Raumlage der Räder erfasst und auswertet.
(Bild: Mike Peel @wikipedia.org (CC-BY-SA-4.0))
Zur Achsvermessung gehört aber nicht nur die Messung selbst sondern auch das Messprotokoll, nachdem die Ist-Werte mit den Soll-Werten abgeglichen werden. Notwendige Einstellungen sind meist Teil der Arbeit, insbesondere wenn die Achsvermessung nach einem Werkstattauftrag erfolgt. Im Anschluss an die Korrektur wird eine weitere Kontrollmessung vorgenommen und die Fahrwerksgeometrie solange abgestimmt, bis alle Parameter innerhalb der Toleranzen liegen. Wird bei der Achsvermessung festgestellt, dass die Fahrwerksgeometrie nicht richtig eingestellt werden kann, wird das Problem ermittelt und der Werkstattkunde meist mit einem Kostenvoranschlag für die Reparatur überrascht. Es handelt sich dabei in der Regel nicht um Abzocke, denn dass z.B. die Spurstangenköpfe verbogen sind, lässt sich vor der Achsvermessung nicht erkennen.
Wann wird eine Achsvermessung durchgeführt?
Eine Achsvermessung mit Spureinstellung ist nach allen Arbeiten an der Aufhängung und Lenkung notwendig. Dazu zählen u.a. der Wechsel der Querlenker, der Wechsel der Spurstangenköpfe oder auch der Wechsel der Radlager. Natürlich muss die Achsvermessung auch bei allen anderen Eingriffen in die Fahrwerksgeometrie erfolgen z.B. beim Einbau von Sportfahrwerken oder der Spurverbreiterung. Neben dieser obligatorischen Prüfung empfiehlt es sich, die Achsvermessung mit dem Radwechsel zu kombinieren. Auf diese Weise haben Sie die ständige Kontrolle und sorgen dafür, dass der Reifenverschleiß minimiert wird. Schließlich ist eine Achsvermessung auch dann angesagt, wenn sich folgende Probleme zeigen:
Symptom | mögliche Ursache |
---|---|
Reifenverschleiß | Spur, Sturz oder Spurdifferenzwinkel falsch eingestellt |
Sägezahnbildung | eine besondere Form des Reifenverschleißes, die häufig als Folge von Spurfehlern auftritt |
Auto zieht schief | Sturzdifferenz zu groß, Spreizung oder Nachlauf unterschiedlich auf beiden Seiten |
schwergängige Lenkung | zu große Spreizung, zu großer Nachlauf |
schlechte Rückstellung | zu geringe Spreizung, zu geringer Nachlauf |
Flattern der Räder | zu geringer Nachlauf |
Kann man die Achsvermessung auch selber machen?
Sie werden im Internet zahlreiche Anleitungen und Videos finden, wie man die Achsvermessung auch ohne entsprechende Anlage erledigen kann. Wir raten jedoch zur Vorsicht, denn genaue Messergebnisse und eine fundierte Analyse bei Problemen gibt es nur in der Werkstatt. Schon kleinste Abweichungen, z.B. wenn das Auto nicht eben steht, können zu falschen Einstellungen führen und nicht nur den Fahrkomfort und die Sicherheit beeinträchtigen, sondern durch den Reifenverschleiß richtig ins Geld gehen. Die Achsvermessung durch eine professionelle Fachwerkstatt ist da allemal günstiger. Bei modernen Fahrzeugen kommt außerdem hinzu, dass elektronische Assistenzsysteme wie z.B. Spurwarner, Tempomat oder die Traktionskontrolle durch die Fahrwerkseinstellung beeinflusst werden und nach der Achsvermessung resettet werden müssen.
Um den Spurdifferenzwinkel messen zu können, stehen die Räder der Vorderachse auf einem Drehuntersatz.
(Bild: Mike Peel @wikipedia.org (CC-BY-SA-4.0))
Was kostet eine Achsvermessung
Die Kosten für eine Achsvermessung hängen wie immer vom Fahrzeug und der Werkstatt ab, wobei die eingesetzte Technik ebenfalls eine Rolle spielt. Die 2D-Achsvermessung ist aufwendiger und daher je nach Stundensatz meist etwas teurer. Für Kleinwagen beginnen die Preise einer Achsvermessung bei ca 50,- EUR. Bei größeren Limousinen und SUV müssen Sie mit Kosten zwischen 70,- und 140,- EUR rechnen. Übrigens: Die Spureinstellung gehört nach Arbeiten an der Aufhängung in der Regel zum Service. Wer jedoch Teile selbst tauscht und nur zur Achsvermessung die Werkstatt aufsucht, sollte sich vorher erkundigen, ob das Einstellen der Fahrwerksgeometrie Teil der Arbeit ist. Auch Kostenvoranschläge für den Austausch weiterer Komponenten sind nach einer Achsvermessung nicht ungewöhnlich.