Spur mit einfachen Hilfsmitteln selbst einstellen
Eine korrekte Achsvermessung ist immer die beste Option. Doch manchmal möchte man die Spur auch ohne Messstand prüfen. (Bild: simpson32 @istockphoto.com)
Inhaltsverzeichnis
Was ist eigentlich die Spur?
Mit der Spur wird die Stellung der Räder einer Achse zueinander bestimmt. Sie können entweder völlig parallel laufen (Spur Null), gegenüber der Fahrzeuglängsachse so verdreht sein, dass sie aufeinander zu laufen würden (Vorspur) oder nach außen stehen (Nachspur). Wären sie nicht fest mit der Achse verbunden, würden sie sich bei einer Vorwärtsbewegung dann voneinander entfernen. Das Ganze kann man auch formal definieren über den Abstand der vorderen und hinteren Felgenhörner beider Räder in der Radmitte. Ist der hintere Abstand kleiner als der vordere, liegt eine Nachspur vor. Ist der vordere Abstand geringer, spricht man von Vorspur. Bei Spur Null sind die Abstände natürlich gleich.
Was passiert, wenn die Räder nicht parallel laufen?
Ist die Spur nicht Null, dann würden sich die Räder entweder aufeinander zu oder voneinander weg bewegen, doch das können sie nicht. Die Folge ist Schlupf, der natürlich umso größer wird, desto schiefer die Räder zueinander stehen. Schlupf erzeugt Reibung und Reibung führt zu Verschleiß, den man dann an einseitig abgefahrenen Reifen erkennen kann. Lässt man alle anderen möglichen Ursachen außer acht, bedeutet äußerer Reifenverschleiß eine zu große Vorspur und innerer Reifenverschleiß eine zu große Nachspur. Dies kann man sich als Eselsbrücke ganz einfach merken, indem man die Räder gedanklich in einen extremen Winkel zur Längsachse bringt. Stünden die Räder z.B. 45° nach außen, würden sie über die Innenseite geschoben werden. Der Verschleiß bei Nachspur ist also innen. Analog erkennt man eine eine zu große Vorspur am Verschleiß außen.
Der Spurwinkel ist meist deutlich kleiner.
Bild: Silverxxx @wikimedia.org (CC BY-SA 3.0)
Muss die Spur also immer Null sein?
Jein. Richtig ist, dass während der Fahrt die Räder parallel laufen sollten, doch je nachdem, welche Achse angetrieben wird, verstellen sich die Räder dynamisch durch den Fahrbetrieb. Ein Auto mit Heckantrieb drückt die Vorderräder beim Beschleunigen etwas auseinander, daher werden solche Fahrzeuge häufig mit einer leichten Vorspur eingestellt. Bei Frontantrieb ziehen sich die Räder hingegen leicht nach innen, sodass die Räder in ihrer Ruheposition häufig Nachspur besitzen. Die genauen Werte bestimmt der Fahrzeughersteller.
Welche Spur muss eingestellt werden? Wo bekommt man die Winkel her?
Die Spur wird typischerweise als Winkel angegeben. Man sollte jedoch darauf achten, ob der gesamte Spurwinkel gemeint ist oder der Winkel nur für eine Seite gilt. In der Regel bezieht sich der Winkel auf die gesamte Achse, muss also zum Einstellen der Spur auf einer Seite noch halbiert werden. Bei einer positiven Spur wird das Rad nach innen gedreht, ein negativer Spurwinkel bedeutet Nachspur. Die Spurwinkel finden Sie entweder im Internet oder auf Nachfrage in jeder Vertragswerkstatt.
Wie liest man den Spurwinkel?
Der Spurwinkel wird meist in Bogen- bzw. Winkelminuten angegeben. Ein typisches Beispiel einer Vorspur könnte folgendermaßen aussehen:
0°15' (Vorspur) ± 10' (Toleranzwert)
Der Winkel wird für jede Seite halbiert. Um nun aus den Bogenminuten ein Dezimalgrad zu machen, werden die Minuten einfach durch 60 geteilt. 7,5' entsprechen also 0,125°. Doch um wie viele Millimeter muss das Rad nun aus der Längsachse bewegt werden? Dafür ist etwas Trigonometrie notwendig. Die gesuchte Verschiebung entspricht der Länge zwischen der Felgenmitte und dem Felgenhorn (halber Felgendurchmesser) multipliziert mit dem tan(0,125°). Bei 16-Zoll Felgen bedeutet dies 20,32 cm * 0,0022 = 0.044704 cm ≈ 0,45 mm. An dem geringen Wert erkennt man schon, warum die Einstellung der Spur ohne technische Hilfsmittel so schwierig ist und lediglich eine Approximation darstellen kann. Besser ist in jedem Fall eine professionelle Achsvermessung. Die Spurangabe wird übrigens durch einen höchstzulässigen Unterschied zwischen beiden Seiten ergänzt und darf auch an der Hinterachse nur in geringen Toleranzen zur Laufrichtung abweichen.
Spur selbst einstellen
Hat man an der Achse gearbeitet, die Spurstangenköpfe oder sogar das Lenkgetriebe in der eigenen Garage gewechselt, möchte man vielleicht die Spur zumindest näherungsweise einstellen. Dafür wird das Auto auf eine ebene Fläche gebracht, das Lenkrad ausgerichtet und im Idealfall festgestellt. Nun nimmt man sich eine Schnur und befestigt eine Unterlegscheibe daran, die man zu einem 90° Winkel verbiegt. Sie dient dazu, die Schnur im Profil der Hinterräder zu verankern, ohne den Reifen zu beschädigen. Die Schnur wird nun über die Felgenmitte des Hinterrades bis zum Vorderrad gezogen. Hält man die Schnur gerade, wird sie am Vorderreifen entweder hinten oder vorne aufliegen, wenn die Spur nicht Null beträgt. Über das Gewinde des Spurstangenkopfes kann die Spur nun korrigiert werden. Achten Sie darauf, die Lenkmanschette dabei nicht zu beschädigen und den Spurstangenkopf am Ende wieder zu kontern.
Tipp: Wer die Spurstangenköpfe demontiert, sollte dabei die Umdrehungen zählen, um die Neuteile von Anfang an grob einzustellen.
Hinweis zum Schluss
Die hier vorgestellte Möglichkeit zum Einstellen der Spur ersetzt natürlich nicht die Achsvermessung, denn zum einen ist die Ungenauigkeit im Vergleich zum Teststand deutlich höher. Zum anderen werden bei der Achsvermessung auch alle anderen Fahrwerkseinstellungen wie z.B. der Sturz oder die Spreizung ermittelt und korrigiert. Unsere Empfehlung lautet daher, nach jeglichen Arbeiten an der Achse bzw. am Fahrwerk die Werkstatt aufzusuchen und eine Achsvermessung vornehmen zu lassen. Die Investition lohnt sich, da abgefahrene Reifen deutlich teurer sind.